Kronberger Altkönigschule würdigt den bedeutenden Schriftsteller und Journalisten im Doppeljahr 2024

„Vielen Dank für diese wunderbare Ausstellung, die hoffentlich von vielen Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften besucht werden wird“, schrieb Schulleiter Martin Peppler nach seinem Besuch anlässlich der Eröffnung in das Gästebuch und formulierte damit, was sich die Klasse 10Ga der Kronberger Altkönigschule wünschte: Einen Kästner erfahren zu können, den man so bisher nicht kannte.

Fragt man Lehrkörper wie Schülerschaft nach Erich Kästner, so kommt allen – erfreulicherweise auch noch den ganzen jungen Pennälern – eins in den Sinn: seine Kinderbücher. Und zu Recht: Denn mit „Emil und die Detektive“ gelang ihm 1929 im Alter von dreißig Jahren der literarische Durchbruch, zu dem die bekannte Verfilmung zwei Jahre später, an deren Drehbuch er selbst und der große Regisseur Billy Wilder mitschrieben, einen großen Beitrag leistete. Nicht wenige kennen auch das Filmdrama „Kästner und der kleine Dienstag“ von Wolfgang Murnberger (aus dem Jahr 2016), das die Freundschaft zwischen Kästner und seinem jungen Bewunderer Hans-Albrecht Löhr erzählt, der in der Erstverfilmung tatsächlich mitgespielt hat.

Deutschlehrer Patrick Grahl kam die Idee, das Projekt der 10Ga anzustoßen, nachdem er die Ausstellung im „Erich Kästner Haus für Literatur“ in der Dresdener Neustadt während der Osterferien besucht hatte. Ihm war klar, dass solch eine Gelegenheit so schnell nicht wiederkommen sollte: der 125. Geburtstag und 50. Todestag des Dichters in ein- und demselben Jahr. Also beschloss er, seine Idee der Lerngruppe vorzustellen – und die 10Ga entbrannte dafür – nicht nur, weil am Ende eine Note dafür abfallen sollte, sondern vor allem weil die Jugendlichen dabei in Zweier- und Dreier-Teams schöpferisch aktiv werden konnten, um eine Ausstellung zu kreieren, wie sie sie sich vorstellen: informativ und zugleich nicht zu textlastig, interaktiv-digital und doch nicht banal, phantasievoll und doch ganz nah am Leben Erich Kästners, ein Parcours zum Anfassen, Mitmachen und Staunen.

Den Zeitraum einer kurzen Unterrichtseinheit hätten die Vorüberlegungen, die Herstellung der Exponate sowie der Texte und schließlich der Aufbau der Ausstellung gebraucht, die zwei Wochen lang besucht werden konnte. Deutschlehrer Grahl ist mächtig stolz auf die Gruppe: Denn im Unterschied zu manch funkelnden Präsentationen, die man im Unterricht zu sehen und zu hören bekomme, hätten alle 25 Schülerinnen und Schüler wirklich spontan und fachkundig Auskunft über das geben können, was sie an ihrer Station vorstellen wollten.

Über Kästners bescheidene Kindheit in der ärmlichen Dresdner Neustadt, sein inniges, aber nicht ganz einfaches Verhältnis zu seinem Muttchen Ida, zu vielen seiner Kinderbücher oder zu seiner Studien- und Promotionszeit in Leipzig. Ebendiese inspirierte drei Schüler, das internationale Trio der 10Ga, zu etwas Besonderem:  die deutsche Version eines Kästner-Briefs an seine Mama übersetzte die amerikanische Gastschülerin Kiyora ins Englische und der ukrainische Mitschüler Bohdan sowohl ins Ukrainische als auch ins Russische. Jedes Lächeln, das du aussendest, kehrt doppelt zu dir zurück.“

 Auch darüber, was man von Kästner vielleicht nicht weiß: Über den jungen Rekruten, der im Ersten Weltkrieg nicht nur zum überzeugten Pazifisten, sondern auch auf einem Ohr taub wurde, der alles Militärisch-Autoritäre ablehnte, der im Herbst 1933 auf dem Opernplatz in Berlin miterleben musste, wie sein „Fabian“ (Roman, 1931) von Studenten in vorauseilendem Gehorsam verbrannt wurde, oder der während des Nationalsozialismus – der Not gehorchend – nur heitere Unterhaltungsromane veröffentlichen oder unter Pseudonym für die UFA Filmdrehbücher verfassen durfte.  Auf die Frage, warum er im Unterschied zu fast allen seinen regimekritischen Kollegen nicht emigrierte, antwortete Kästner einst in einem Epigramm: „Ich bin wie ein Baum, der, in Deutschland gewachsen,/ wenn’s sein muß, in Deutschland verdorrt.“

 Nach dem Krieg zog es ihn nach München, wo man ihm die Leitung des Feuilletons der „Neuen Zeitung“ antrug. 1949 erschien sein erster Roman der Nachkriegszeit: „Die Konferenz der Tiere“ – sein pazifistisches Vermächtnis. Der Geist der Zeit, die sog. Deutsche Restauration nach der Währungsreform 1948, rief erneut den politischen Kästners aufs Parkett. Mit der Gründung der „Kleinen Freiheit“ wird er auch zum Kabarettisten, Satiriker und Kritiker der jungen Bundesrepublik. Literarisch gesehen, muss die Zeit ab den späten 1950er Jahren dann jedoch als eher unproduktiv erachtet werden: Kästner verliert sich in zahllosen Affären, wird Vater des unehelichen Sohnes Thomas, und erkrankt leider nicht nur an Leib, sondern auch am Alkohol. Die fünf Weinflaschen, die jede ein individuell gestaltetes Etikett erhalten haben, versuchen diese Zeit für die jüngeren und älteren Besucher der Ausstellung verständlich zu machen. 

 Manche Kolleginnen und Kollegen besuchen die Ausstellung sogar mit mehreren Gruppen: „Da ich wirklich begeistert bin, habe ich spontan beschlossen, nochmal hierher zu kommen“, erklärte Lehrerin Bettina Winterling. Besonders erfreulich ist für die Zehntklässler auch das, was Lehrerin Violeta Hollmeier sie wissen ließ: „Die Kinder meiner Intensivklasse konnten vieles verstehen und interaktiv tätig werden“. Gymnasialzweigleiterin Alexandra Reiß bringt das auf den Punkt, was mit der Ausstellung intendiert war: „Herzlichen Dank, ich habe einiges über die Person Erich Kästner dazugelernt.“ Und Klassenlehrerin Katharina Klotz schrieb als Letzte ins Gästebuch: „Das habt ihr ganz großartig gemacht! Sehr schön!“ – freudiges Quietschen der G10a.

„Es gibt [eben] nichts Gutes, außer man tut es.“

 

Schülerinnen und Schüler bestaunen und bespielen die Exponate der Ausstellung

 

Schulleiter Peppler und Deutschlehrer Grahl bei der Eröffnung der Ausstellung

 

 

 

 

handgefertigte Exponate der Kästner-Ausstellung der 10Ga