Es gibt eine Vielzahl von spannenden Ausbildungsberufen, doch rund die Hälfte aller Jungen und Mädchen entscheidet sich für die gleichen zehn Berufe. Trotz aller Bemühungen um Gleichberechtigung und Gleichstellung sind die bekannten Rollenbilder noch fest in den Köpfen der Jugendlichen verankert: Pfleger, Erzieher – das ist doch nichts für Jungs! Forstwirtin, Mechanikerin – das ist doch nichts für Mädchen!
Genau dem wollte man am vergangen Dienstag an der Kronberger Altkönigschule entgegenarbeiten und hat unter dem Motto „Sei mutig und wage Neues!“ zum zweiten Mal einen Fachtag „Girls Go Technic“ ausgerichtet. Namhafte Unternehmen und Schulen aus der Region wie auch schulinterne Einrichtungen boten dabei Mädchen und Jungen der 8. Real- und Hauptschulklassen in drei Workshop-Durchgängen die Möglichkeit, sich nicht nur über Ausbildungsberufe zu informieren oder mit Azubis auszutauschen, sondern sich selbst auszuprobieren.
Von Hessenforst etwa waren zwei angehende Forstwirte sowie deren Försterin samt Anschauungsmaterial angerückt, die den interessierten Schülerinnen nicht nur eine Einführung in Arten und Geschichte unserer durch den Klimawandel gefährdeten Forstlandschaft gaben, sondern auch dicke Äste sägen ließen. Doch obwohl die Mädchen die langen Baumstämme mit Verve in Einzelteile zerlegten, sei das Handwerk des Forstwirts weiterhin „Männersache“, wie die Azubis erzählten. In ihrer letzten Berufsschulklasse waren von den 36 Pennälern nur 5 Mädchen gewesen. Anders sehe es dagegen im Forstwirtschaftsstudium aus, wo der Frauenanteil deutlich höher liege, zirka bei gut einem Drittel. Also, es geht doch!
Die Zahlen bestätigen dennoch die sich hartnäckig haltenden Vorstellungen, weshalb auch die Schulen aktiver werden müssten, wie Petra Duwe, Leiterin des MINT-Fachbereichs an der AKS, erläutert: „In meiner 10. Realschulklasse wollen von zwei Dutzend Schülern nur 4 eine Lehre machen, 20 hingegen ein Fachabitur.“ Dabei sind sich die wenigsten Absolvent/-innen im Klaren darüber, welch guter Verdienst in vielen technischen Ausbildungsberufen wartet. Mit all den Klischees wolle das Aktionsbündnis „Girls go technic und Boys go social“ aufräumen, erläutert Duwe, selbst Gründungsmitglied und Teil dieses Bündnisses, das aus Unternehmen, Schulen und anderen Institutionen des Hochtaunuskreises besteht und sich auf die Fahnen geschrieben hat, den Frauenanteil im MINT-Bereich (Mathematik-Informatik-Naturwissenschaften-Technik) zu erhöhen.
Dies scheint tatsächlich Not zu tun: Von den 100 Azubis bei der VGF seien nur 4 weiblich und von diesen lediglich 2 im technischen Bereich, führt einer der beiden Vertreter der Verkehrgesellschaft Frankfurt/Main aus, die für Wartung, Instandhaltung und Störungsbeseitigung der Trambahnen verantwortlich zeichnet. Dabei gestaltet sich die Ausbildung abwechslungsreich: Die Azubis seien nur nahezu ein Drittel ihrer Zeit in der Schule, dafür ein Drittel im Betrieb und ein weiteres in der Ausbildungswerkstatt, die mit starken Kooperationspartnern wie „provadis“ (Industriepark Höchst) organisiert werde. „Eines jedoch muss man zugeben“, fügt einer der Ausbilder hinzu, „unsere weiblichen Azubis fallen durchweg durch gute Leistungen auf!“
Da aber die Firmen weiterhin das geringe Interesse der Jugendlichen an Ausbildungsberufen beklagen und gerade einmal 10 Prozent der männlichen Schulabgänger sich für eine Ausbildung in sozialen Berufen entscheiden, macht die Berufsorientierung der Altkönigschule kleine, doch wichtige Schritte: So ist z. B. der alljährliche „Kronberger Herbstmarkt“ ein Fest, bei dem u. a. Handwerker, Dienstleister, Gastronomen und Unternehmen aus Kronberg und der Region sich vorstellen, aus der Kooperation zwischen dem „Bund der Selbständigen“ sowie dem Bündnis „Girls go Technic“ entstanden. Doch auch die Liste der Gastfirmen am Aktionstag ist beachtlich: Während die Jungs aus den achten H- und R-Klassen sich bei Vertretern der Kettler-Roche-Schule aus Oberursel, dem Rotkreuz-Campus Kronberg, dem Schulsanitätsdienst sowie dem RatHaus (Schulsozialarbeit) der Altkönigschule informieren konnten, präsentierte auch Procter & Gamble den Mädchen die vielfachen Möglichkeiten an Ausbildungen und dualen Studiengängen, die ein weltweit aufgestellter Konsumgüter-Konzern anzubieten hat. Die Kooperation zu P&G, die vor allem über Herrn Alexander Hajek gewährleistet wird, geht weit über einzelne Veranstaltungen hinaus, so ist Hr. Hajek unverzichtbare Stütze in Bewerbungs- und Assessment-Trainings für Oberstufenschüler.
Umso wichtiger war es Schulleiter Martin Peppler, gleich im Rahmen des gemeinsamen Starts in den Aktionstag allen Vertreterinnen und Vertretern der anwesenden Firmen und Institutionen ein ganz besonderes Dankeschön zum Ausdruck zu bringen, denn die Präsenz vor Ort und das Vorbild in den MINT-Berufen gäben für die Jugendlichen letztendlich den Ausschlag bei ihrer Entscheidung.
Mädchen der 8. Haupt- und Realschulklassen üben sich an Fischer-Technik-Modellen
Die interessierten Girls bei der Einführung in Forstwirtschaftslehre und Baumkunde
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